Betrachten Sie die Gewerbeaufsicht als rotes Tuch? Dann sehen Sie’s doch mal positiv: Diese Institution hat in erster Linie die Gesundheit und Sicherheit Ihrer Mitarbeitenden und Patienten im Sinn. Die gleiche Zielsetzung also, wie sie jede Physiopraxis verfolgt. proxovision sprach mit dem Geschäftsführer eines Reha-Zentrums, dem Gewerbeaufsicht und Berufsgenossenschaft innerhalb von eineinhalb Jahren gleich dreimal auf die Pelle rückten. Tim Höper nahm’s gelassen, denn bei sämtlichen Kontrollen war alles in Ordnung.
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Wenn die Gewerbeaufsicht ihren Besuch ankündigt, sehen manche Unternehmer rot. Tim Höper dagegen, Physiotherapeut und Geschäftsführer des Reha-Zentrums MARE AKTIV in Kronshagen und Kiel, blieb völlig entspannt, als die Beamten die Prüfung avisierten. Schließlich wusste er, dass in seiner Praxis alle Arbeits- und Gesundheitsvorschriften akribisch eingehalten werden. „Die Gesundheit und Sicherheit unserer Patienten und Mitarbeiter steht immer an erster Stelle unserer Arbeit”, sagt Höper. „Wir haben da auch rechtlich eine große Verantwortung, und die Gewerbeaufsicht überprüft, ob wir dieser Verantwortung nachkommen.”
Für die Gewerbeaufsicht sind in den Bundesländern unterschiedliche Behören zuständig: mal das Landratsamt, mal das Gewerbeaufsichtsamt. In der Regel kündigt sich die Gewerbeaufsicht bei geplanten Inspektionen an, sie kann jedoch bei konkretem Anlass oder Verdacht auch unangekündigt erscheinen. „Bei uns wurde der Kontrolltermin ein paar Wochen im Voraus angekündigt und dauerte dann etwa zweieinhalb Stunden”, berichtet Tim Höper.
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Bei einer Kontrolle nimmt die Gewerbeaufsicht folgende Bereiche ins Visier:
1. Arbeits- und Sozialschutz
>> Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes (Höchstarbeitszeiten, Pausenregelungen und Ruhezeiten)
>> Einhaltung von Regelungen zu Mindestlohn, Mutterschutz u. a.
>> sichere und ergonomische Arbeitsplätze, z. B. höhenverstellbare Behandlungsliegen, gute Beleuchtung u. a.
>> regelmäßige Schulung zu Sicherheitsthemen
2. Hygiene und Gesundheitsschutz
Gerade in Branchen mit engem Kundenkontakt überwacht die Gewerbeaufsicht sehr genau, ob Hygienevorschriften eingehalten werden, um die Gesundheit der Kunden und der Belegschaft zu schützen. Physiotherapiepraxen und Rehazentren müssen ein umfassendes Hygienekonzept sowie Maßnahmen zum Infektionsschutz vorlegen können.
3. Brandschutz und Notfallmanagement
>> Funktion, ordnungsgemäße Platzierung, regelmäßige Wartung und Kennzeichnung von Feuerlöschern
>> Brandschutzkonzept sowie die Flucht- und Rettungswege
>> Notfallausrüstung: Defibrillatoren, Erste-Hilfe-Kästen und Schulung der Mitarbeiter
4. Technische Sicherheit
>> Nutzung von zertifizierten Medizinprodukten in der Physiotherapie
>> Betriebssicherheit von Therapiegeräten, Arbeitsmitteln und anderen technischen Geräten
>> Einhaltung von Vorschriften zur Wartung und zum sicheren Betrieb der Geräte und Arbeitsmittel
5. Umweltschutz
Auch Therapieeinrichtungen müssen sicherstellen, dass die Mitarbeitenden alle gültigen Umweltvorschriften einhalten, beispielsweise beim Umgang mit Desinfektions- und Reinigungsmitteln (Lagerung, Kennzeichnung und Verwendung) oder mit Abfällen.
Sollten die Prüfer bei einer Kontrolle Unstimmigkeiten feststellen, können sie zunächst Nachbesserung einfordern und nach einer gewissen Frist erneut kontrollieren. Die Behörde kann Verstöße gegen geltendes Recht durch Auflagen oder Bußgelder ahnden und im schlimmsten Fall sogar eine Praxis schließen.
In der Physiopraxis: Gerätesicherheit im Fokus
Besonders akribisch durchleuchtet werden in der Physiobranche die Sicherheit der Therapiegeräte, die Ergonomie der Arbeitsplätze und die Hygienekonzepte. Zunächst begutachteten die Prüfer bei MARE AKTIV den Arbeitsschutz-Ordner der Praxis und checkten kurz nach der Corona-Pandemie auch die COVID-19-Dokumente. Überprüft wurde beispielsweise, ob alle Teammitglieder die Aufklärungsbögen zum Infektionsschutz unterzeichnet hatten.
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Zum Schutz der Mitarbeitenden und Patienten nehmen die Prüfer besonders die Therapiebänke ins Visier, seit es in der Branche mehrfach zu schweren Verletzungen gekommen ist. „Es wurden tatsächlich schon Physiopraxen zeitweise geschlossen, weil nicht alle Therapiebänke den neuesten Vorschriften entsprachen”, erfuhr Höper von seinem Prüfer. Schließlich sind im medizinischen Bereich nur noch Therapieliegen mit Double-Touch-Sicherheitssystem zugelassen – ob dies nun durch Neuanschaffung oder durch Umrüstung älterer Modelle gewährleistet ist. Bei MARE AKTIV kontrollierte und fotografierte der Prüfer jede einzelne Bank und ließ sich von Höper bei den unterschiedlichen Modellen die technische Umsetzung der Sicherheitsvorgaben erklären. Außerdem kontrollierte er, ob sämtliche Aufkleber mit Sicherheitshinweisen vorhanden waren.
Sicherheit durch zertifizierte Medizinprodukte
Bei Praxen mit Kraft- und Ausdauergeräten inspiziert die Gewerbeaufsicht sämtliche Geräte und checkt auch, ob die vorgeschriebenen Wartungen durchgeführt wurden. „Da interessieren sich die Prüfer natürlich vor allem für technisch anspruchsvolle Geräte, die nicht mal einfach mit dem Schraubenzieher gewartet werden können, etwa das AlterG”, so der Geschäftsführer von MARE AKTIV. „Die EMS-Geräte, die wir sehr viel in der Nachbehandlung von Leistungssportlern verwenden, wurden sehr akribisch auf ihre Strahlenbelastung getestet.”
Da Physiopraxen bei Krankengymnastik am Gerät (KGG) oder Medizinischer Trainingstherapie (MTT) nur mit Geräten arbeiten dürfen, die als Medizinprodukte zertifiziert sind, legt die Gewerbeaufsicht hierauf immer ein besonderes Augenmerk – sei dies bei Trainingsequipment oder bei Geräten für Ultraschall und Elektrotherapie. Bei den Marken der PHYSIOMED GROUP (proxomed, PHYSIOMED und ERGOFIT) sind Praxisbetreiber auf der sicheren Seite, da das Unternehmen allergrößten Wert auf die Zertifizierung ihrer Geräte als Medizinprodukte legt. In der Verantwortung der Betreiber liegt es dann, die Geräte bestimmungsgemäß zu verwenden und regelmäßig zu warten – am besten durch einen Wartungsvertrag.
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Hygiene und Infektionsschutz weiterhin relevant
Die Corona-Pandemie hat deutlich gemacht, wie wichtig Hygiene und Infektionsschutz gerade in der Gesundheitsbranche sind. Seither werden die damit verbundenen Maßnahmen von der Gewerbeaufsicht verstärkt kontrolliert, und dies wird wohl auch so bleiben – zum Wohl von Patienten und Mitarbeitenden. Untersucht wird beispielsweise, ob genügend Möglichkeiten vorhanden sind, um sich die Hände zu waschen und zu desinfizieren und ob hierauf deutlich und verständlich hingewiesen wird. Auch die sichere Aufbewahrung von Desinfektionsmitteln steht auf der Checkliste. „Die haben sogar überprüft, ob wir Schutzbrillen und Zangen vorhalten, mit denen wir Paraffinkissen aus dem Wasserbad heben”, erzählt Tim Höper.
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Die Gewerbeaufsicht als Partner für die Praxis
Die gewissenhafte Praxisführung und Dokumentation zahlte sich aus: Bei MARE AKTIV gab es keinerlei Beanstandungen. „Das war wirklich eine sehr intensive Prüfung – allerdings durchwegs in einem freundlichen Ton”, erinnert sich Tim Höper. „Der Prüfer war sehr zufrieden, denn unser Arbeitsschutzordner war lückenlos gefüllt. Wir konnten nachweisen, dass wir Beauftragte für Hygiene, Erste Hilfe und Brandschutz haben und dass wir uns alle zwei Jahre in Sachen Arbeitsschutz fortbilden.” Etwas verwundert war der Geschäftsführer dann allerdings, als nach wenigen Wochen auch noch die Berufsgenossenschaft anklopfte – und bald darauf nochmals die Gewerbeaufsicht, obwohl doch bei der ersten Prüfung alles perfekt gewesen war. „Eigentlich müssen sich die BG und die Gewerbeaufsicht abstimmen, aber da ist wohl in der Kommunikation zwischen Kiel und Hamburg etwas schiefgegangen”, so Höper. Das Ergebnis aber blieb das gleiche: Alles in bester Ordnung.
Übrigens: Die Gewerbeaufsicht ist nicht nur für Kontrollen da. Man kann sich von den Fachleuten auch beraten lassen, wenn es um Arbeitsplatz- und Produktsicherheit, Hygienekonzepte oder sogar um geplante Baumaßnahmen geht. Also: Sehen Sie die Behörde doch einfach als Partner für sichere Arbeitsbedingungen – und nicht nur als Kontrollinstanz.