Anfang März 2023 preschte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach voran: Die elektronische Patientenakte (ePA) soll verpflichtend eingeführt werden – und zwar schon 2024. Dies heißt auch für Physiopraxen und Rehazentren: Allerhöchste Eisenbahn. Denn die ePA wird nur nutzen können, wer an die Telematikinfrastruktur (TI) angebunden ist. Wenn Sie jetzt starten, kommen Sie noch in den Genuss lukrativer Förderprogramme, die es so wohl bald nicht mehr geben wird.
Basis der digitalen Zukunft im deutschen Gesundheitswesen ist die Telematikinfrastruktur. Diese zentrale Plattform für digitale Anwendungen im Gesundheitsbereich soll alle Beteiligten im Gesundheitswesen – ob Ärzte, Apothekerinnen, Psychotherapeuten, Kliniken, Krankenkassen oder Heilmittelerbringer – digital miteinander vernetzen. Die Koordination liegt in der Hand von gematik, der Nationalen Agentur für Digitale Medizin. Diese legt Standards für Technik und Sicherheit fest, überprüft deren Einhaltung, informiert und versteht sich als zentrales Kompetenzzentrum und Koordinierungsstelle in Sachen Telematikinfrastruktur.
Die Telematikinfrastruktur lässt sich als riesiges Netz verstehen, in das dann die unterschiedlichsten digitalen Gesundheitsanwendungen eingebunden werden können, etwa das elektronische Rezept oder auch KIM, eine Art E-Mail-Programm, mit dem beispielsweise Ärzte und Therapeuten datensicher miteinander kommunizieren können.
Dass auch physiotherapeutische Praxen sich künftig dieses Netzes bedienen werden, steht schon lange fest. Seit 1. Juli 2021 können sich Physios mit GKV-Zulassung freiwillig an die Telematikinfrastruktur anbinden lassen, ab Mitte 2026 soll diese Anbindung Pflicht sein. Dennoch zeigt der von gematik herausgegebene „Atlas zur Telematikinfrastruktur 2022“, dass zwar 81 Prozent der Physiotherapeuten schon einmal etwas von TI gehört haben, aber nur 51 Prozent planen ihre Technologie zeitnah aufzurüsten – und nur ein Prozent hat dies bereits getan.
Zögerliche Umsetzung in Physiopraxen
„Dass das TI-Engagement der Physiotherapiepraxen eher schleppend voran geht, liegt vor allem daran, dass bislang viel zu wenig informiert wurde“, sagt Angelika Mettlach, Schulungsreferentin beim Software-Entwickler und Abrechnungsdienstleister Optica, der seinen Kunden auch komplette TI-Pakete inklusive Hard- und Software, Beratung und Implementierung anbietet. „Zum anderen sahen viele Praxisinhaber bislang nicht die Notwendigkeit, sich zeitnah um die weitergehende Digitalisierung und Vernetzung ihrer Praxis zu kümmern. Bis 2026 war es ja noch lange hin.“
Jetzt aber muss das Zögern ein Ende haben: Sollte die elektronische Patientenakte tatsächlich 2024 kommen, müssen die Praxen gerüstet sein. „In absehbarer Zeit wird im Gesundheitswesen nicht mehr per Papier kommuniziert werden. Physiotherapeuten werden dann auch kein Stück Papier mehr von den zuweisenden Ärzten bekommen. Wer dann nicht an die TI angebunden ist, ist quasi handlungsunfähig und wird möglicherweise schnell abgehängt“, sagt Mettlach.
Jetzt noch Fördermöglichkeiten nutzen!
Über die künftige Pflicht hinaus gibt es noch einen weiteren Grund, sich möglichst sofort an die TI anbinden zu lassen: Momentan läuft noch ein Förderprogramm der Gesetzlichen Krankenkassen, das in den kommenden Monaten möglicherweise stark ausgedünnt wird. Zurzeit kann eine Praxis, die 4500 bis 5700 Euro in die TI-Anbindung investiert, je nach Praxisgröße mit einer vollen Förderung der Gesamtsumme rechnen – und zwar auf einen Schlag. Allerdings sieht ein aktueller Gesetzentwurf vor, dass die Förderung künftig auf sechs Jahre gestreckt, also über einen langen Zeitraum in kleinen Monatsbeträgen ausgezahlt werden soll. Es gilt also schnell zu sein, wenn Sie jetzt noch profitieren möchten! Schließlich ist auch davon auszugehen, dass in nächster Zeit ein Ansturm auf die TI-Dienstleister losgeht.
Der Weg zur funktionierenden TI
Wer sich mit seiner Praxis ans Netz der Telematikinfrastruktur anbinden möchte, hat einige Schritte zu tun, die aufeinander aufbauen und gut durchdacht sein sollten. „Die Leute haben einen ordentlichen Lauf vor sich, denn allein die Beantragung der beiden Karten kann Monate dauern“, betont Angelika Mettlach. Ein Grund mehr also, jetzt zu starten. Und keine Sorge: Was kompliziert klingt, lässt sich mit professioneller Unterstützung problemlos umsetzen.
Als allererstes gilt es zu überprüfen, ob Ihre Praxissoftware TI-fähig ist. Bislang sind nämlich nur sehr wenige Praxismanagement-Systeme in der Lage, die Telematikinfrastruktur voll zu implementieren (z. B. Optica Viva). Viele andere Softwares brauchen ein Systemupdate, an dem die Firmen mit Hochdruck arbeiten. Hierbei spielen vor allem auch Datensicherheit und DSGVO-Konformität eine große Rolle – vor allem, wenn die ePA verpflichtend kommt.
Manche älteren Systeme lassen eine TI-Anbindung auch gar nicht zu und müssen ersetzt werden.
Bitte beantragen Sie möglichst bald Ihren elektronischen Heilberufeausweis (eHBA) über das elektronische Gesundheitsberuferegister (eGBR). Nach erfolgreicher Prüfung bestellen Sie Ihren Ausweis bei einem Vertrauensdiensteanbieter (VDA) wie etwa D-Trust. Mit dem Ausweis können Sie sich dann als Physiotherapeut oder -therapeutin digital ausweisen und mittels der qualifizierten elektronischen Signatur rechtssicher digital unterschreiben.
Um Ihre Physiopraxis in der TI zu identifizieren, brauchen Sie den SMC-B-Ausweis oder auch Institutionsausweis, den Sie ebenfalls über das eGBR erhalten – aber erst, wenn Sie den eHBA bereits haben. Auch den SMC-B-Ausweis müssen Sie erst bei einem VDA beantragen und dann bestellen. Die Karte dient als individueller Schlüssel, mit dem Sie eine Verbindung zur Telematikinfrastruktur herstellen.
Über einen zugelassenen KIM-Anbieter muss der KIM-Anschluss beauftragt werden. KIM (Kommunikation im Medizinwesen) ist eine Art E-Mail-System und ermöglicht den schnellen und besonders datensicheren Austausch zwischen allen Akteuren im deutschen Gesundheitswesen – als E-Mail mit oder ohne Anhang. Nach der Registrierung erhalten Sie eine eigene E-Mail-Adresse für KIM.
Wenn Sie an die TI angebunden sind, können Sie den KIM-Dienst übrigens heute schon nutzen, das heißt auf sicherem Wege Informationen mit Ärzten, Kliniken oder Krankenkassen austauschen. Dies gilt insbesondere für sensible Daten, die aus Datenschutzgründen beispielweise per E-Mail nicht versendet werden dürfen, etwa Patientendaten, Adressen, Röntgenbilder und anderes.
Wichtig zu wissen!
Wer die TI-Förderung erhalten möchte, braucht eine TI-fähige und DSGVO-konforme Software und muss belegen, dass die Praxis auch tatsächlich an die TI angebunden ist. Als Nachweis kann beispielsweise eine Rechnung über die Installation der TI-Anbindung dienen. Ohne Nachweis ist keine Förderung möglich.
Weitere Bausteine in der Telematikinfrastruktur sind das eRezept, das für Apotheken bereits eingeführt wurde, sowie ab 2024 wohl auch die elektronische Patientenakte (ePA). Wann die elektronische Verordnung für Physiotherapie kommt, ist nur noch eine Frage der Zeit. „Der Patient oder die Patientin erhält dann vom Arzt oder der Ärztin einen QR-Code – entweder aufs Smartphone in eine App oder auf Papier“, erklärt Angelika Mettlach. „In der Physiopraxis wird die Verordnung als QR-Code ausgelesen – und mit wenigen Klicks landen alle relevanten Daten in der TI-fähigen Praxissoftware.“
Für die Entwicklung und Standardisierung der Telematikinfrastruktur ist das gematik Fachportal zuständig. Dort können Sie sich auch informieren, welche Hard- und Softwarelösungen offiziell für die TI zugelassen sind. Um das komplexe Feld der TI für Ihre Praxis passend und sicher einzurichten und anzupassen, empfiehlt sich auf jeden Fall die Unterstützung von Experten. So bietet beispielsweise Optica jetzt schon komplette Pakete zur Anbindung an die Telematikinfrastruktur an. Ergänzend zur persönlichen Betreuung führt Sie ein automatisierter E-Mail-Support dabei Schritt für Schritt durch den gesamten Prozess. Und wir von proxomed halten Sie natürlich auf dem Laufenden, wenn neue Komponenten der TI für Physiotherapeuten auf der digitalen Bildfläche erscheinen.